Vortrag Dr. des. Iris Nießen M.A.: Urbane Auen und die "Fluviale Anthroposphere" - Ein umweltarchäologische Studie zur Regensburger Stadtentwicklung

Dr. des. Iris Nießen M.A. (Leipzig Lab / AG "Historical Anthropospheres")

Urbane Auen und die "Fluviale Anthroposphere" - Ein umweltarchäologische Studie zur Regensburger Stadtentwicklung

Insbesondere im Bereich der Flussauen lässt sich das Wechselspiel zwischen dem Menschen und seiner Umwelt in exemplarischer Weise nachvollziehen. Anhand der Ausgrabungen am Regensburger Donaumarkt, die in den Jahren 2009/2010 und 2012 bis 2015 für den Museumsneubau (Museum der Bayerischen Geschichte) notwendig waren, ist die Urbanisierung in der Donauaue zu einem mittelalterlichen Stadtquartier nachvollziehbar. Die umwelt- und geoarchäologische Studie steht exemplarisch für die große Bedeutung von Flussauen für die europäische Stadtentwicklung und nutzt ein interdisziplinäres Methodenspektrum aus Geologie, Archäobotanik, Anthropologie, Archäozoologie, Dendrochronologie und Radiokarbondatierung. Die große Stadtkerngrabung am Einfluss des Vitusbaches, der bereits im 8./9. Jh. an die Stadtmauern geleitet wurde, ermöglichte erstmals die Auenentwicklung des 6. bis 13. Jh. phasenhaft zu rekonstruieren. Grundsätzlich entwickelte sich eine, an einem Altwasserarm und extra muros gelegene, frühmittelalterliche Ufersiedlung mit Hafen zur Versorgung der Pfalz. Im Hochmittelalter fand eine Umgestaltung zum Gewerbequartier statt und ab dem späten 12. Jh. wurde das Areal planmäßig zum Stadtquartier ausgebaut, was mit Aufschüttungen und Stadtmauerbau im Uferbereich einherging. Diese umwelt- und geoarchäologische Studie ermöglicht die Wechselwirkung von Stadtentwicklung und Aue im Detail über das gesamte Mittelalter zu fassen und stellt heraus, dass der Mensch ab dem Hochmittelalter als dominanter Steuerungsfaktor anzusprechen ist.

Ausgrabung Regensburg Donaumarkt (2012-15), Grabungsfoto von der Uferbebauung mit Gebäude und Bohlenweg der Zeit um 1000 (Foto Archaios GmbH)