Die Abteilungen Urgeschichtliche Archäologie / Frühgeschichtliche Archäologie und Archäologie des Mittelalters des IAW (ehemals Institut für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie und Archäologie des Mittelalters) besitzen eine Sammlung archäologischer Artefakte, deren Bandbereite vom Paläolithikum bis ins Mittelalter reicht. Die Geschichte der Lehrsammlung bietet Anknüpfungspunkte nicht nur an die Institutsgeschichte, sondern auch an die der städtischen Museen Freiburgs und der Denkmalpflege. Das Material beinhaltet sowohl Originale als auch Repliken. So gibt es beispielsweise zahlreiche Silexartefakte, die den gesamten europäischen Raum abdecken. Der Schwerpunkt liegt auf Mitteleuropa, es finden sich aber auch Objekte aus El Fajum (Ägypten) und Cuddapah (Indien).
Kurzabriss zur Geschichte
Die Anfänge der Sammlung reichen ins 19. Jh. zurück. Einige Gegenstände der Sammlung haben ihren Ursprung in der Privatsammlung des Freiburger Anatomen Prof. Alexander Ecker, der diese 1867 der Albert-Ludwigs-Universität zum Geschenk machte. Zusammen mit Steinwerkzeugen aus der Sammlung Leopold Heinrich Fischers bildeten sie den Grundstock des damals von beiden neu gegründeten „Museums für Urgeschichte und Ethnographie“ an der Universität.
Um die Gründungszeit des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte in den 1930er Jahren wurde der damalige Bestand in einem Inventurbuch erfasst, das sowohl Auskunft über die Zusammensetzung des Fundbestandes gibt, aber auch Hinweise enthält, welche Objekte aus zeitgenössischen Grabungen, Schenkungen, Ankäufen und über Tausch in die Sammlung gelangt sind.
1936 wurde die Lehrsammlung mit der archäologischen Sammlung der Stadt Freiburg (Bestände Heinrich Schreiber und Eugen Fischer) zusammengelegt und in einem neu gestalteten „Museum für Urgeschichte“ im Adelhauserkloster präsentiert. Das ebenfalls dort untergebrachte neu gegründete „Institut für Vor- und Frühgeschichte“ überstand den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschädigt und eröffnete im Juli 1949 wieder eine Sammlung für Studierende. 1961 wurde das Museum für Urgeschichte allerdings geschlossen, die Sammlung verpackt und eingelagert. Maschinengeschriebene Packzettel überliefern den damaligen Bestand. Diese Verpackungseinheiten wurden 1985 in die Belfortstraße 22 umgezogen, teilweise blieben die Kisten seit 1961 bis zur aktuellen Neuinventarisation ungeöffnet.
Im Laufe der Zeit haben viele hundert weitere Objekte Eingang in die Sammlung gefunden, deren Provenienz leider nicht immer mit der vormaligen Tiefenschärfe dokumentiert wurde. So lag der Bestand lange Zeit unerschlossen brach und wurde nur punktuell zu Lehrzwecken genutzt. Angestoßen durch ein studentisches Projekt im Jahr 2008 konnte eine neue Erfassung des aktuellen Bestandes 2019 abgeschlossen werden.
Das Spektrum der Funde
Leopold Heinrich Fischer zählt 1875 einige Artefakte auf, die zum Teil bereits in der Lehrsammlung wieder aufgetaucht sind. Dazu gehört beispielsweise ein Bärenschädel (Unterkiefer samt Eckzahn vom Höhlenbären, als Hiebwerkzeug benutzt), der unter den Funden vom Hohlefels bei Blaubeuren genannt wird. Darüber hinaus ließen sich Objekte aus Stein, Knochen und Horn, sowie in Glasgefäßen konservierte Holz-, Getreide- und Früchtereste den Pfahlbausiedlungen des Bodensees zuordnen (Wangen, Markelfingen, Nussdorf bei Überlingen). Den Großteil der Sammlung machen Steinartefakte und Keramikfragmente aus.
Bei einer beträchtlichen Anzahl von Gegenständen (ca. 440) handelt es sich um z.T. hervorragend gemachte Repliken, die aus der Thüringer Replikenwerkstatt Sonneberg (Markus Sommer)[1] stammen; die Originale befinden sich im Thüringer Landesmuseum [2]. Hierzu gehören zahlreiche Metallfunde, vorwiegend Messer, Beile und Nadeln. Zwei Objekte (Metalldolch, Rasiermesser) konnten den Werkstätten des RGZMs zugeordnet werden. Das Gros der Objekte wurde aus Gips hergestellt, beispielsweise zahlreiche Tierstatuetten aus dem Magdalénien sowie die Venus von Willendorf. Zu den jüngst zu datierenden Objekten zählt ein Schwert, an dem sich der Hinweis auf die Württembergischen Metallfabriken findet, von denen bekannt ist, dass sie während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Repliken frühmittelalterlicher Schwerter anboten.
Studentisches Projekt zur Erschließung 2008 - 2011
Die Lehrsammlung wurde seit den 1960er Jahren bis in jüngste Zeit nur sporadisch zu Studien- und Lehrzwecken genutzt, war in weiten Teilen unzureichend erschlossen und nur behelfsmäßig untergebracht. Eine studentische Arbeitsgruppe hatte sich seit Frühjahr 2008 bis 2011 unter Betreuung von Marina Krapf M.A., um eine Aufarbeitung des Fundstoffes bemüht. Ziel war es, die Funde sowohl fotografisch als auch textlich in einer Datenbank zu erfassen, um sie übersichtlich und zeitgemäß für Lehrveranstaltungen, aber auch für Studienzwecke zugänglich zu machen. Neben der Erfahrung mit dem Material selbst sammelten die Studierenden auch Kompetenzen beim Fotografieren und im Umgang mit Datenbanken. Ein Teilaspekt des Projektes war es neben der Erfassung der Objekte auch, die Entstehungsgeschichte der Sammlung nachzuzeichnen.[3] Eine Vitrine im Vorderhaus neben dem Sekretariat dokumentiert dieses Projekt und soll zugleich Studenten auf die Arbeit an der Lehrsammlung aufmerksam machen.
Neuerfassung 2018/2019
Eine aus Haushaltsmitteln finanzierte Neuerfassung konnte das 2008 begonnene studentische Projekt im Jahre 2018 unter der Betreuung von Valerie Schoenenberg wieder aufgreifen und 2019 abschließen. Die nun gelisteten Basisdaten erlauben nun den Zugriff über das gesamte Material und ermöglichen die Implementierung in die Lehre. Alle Objekte wurden von Laura Kuhn und Anna Zimmermann gesichtet, inventarisiert und auf ihren Zustand geprüft. Es befinden sich somit derzeit unter knapp 2000 Inventarnummern etwa 11.400 einzelne Objekte in der Sammlung. Ein weiterer Arbeitsschritt sieht die Detailerfassung mittels Fotografie sowie die Objekt- und Provenienzrecherche vor, um die Sammlung auch für die Instituts- und Wissenschaftsgeschichte fruchtbar zu machen. Erste Anhaltspunkte konnten Maria Kohle, Anna Zimmermann und Laura Kuhn bereits erarbeiten.[4]
Zwischenzeitlich ist auch die fotografische Erfassung sämtlicher Objekte abgeschlossen, die Fotos sind in die universitätseigene Multimediadatenbank
FreIkon eingelesen worden und stehen damit der Lehre zur Verfügung.
(Marina Krapf / überarbeitet 2020 von Valerie Schoenenberg)
Kontakt
Aktuelles Forschungsprojekt zur Lehrsammlung:
Koloniale Kontexte in der Ur- und Frühgeschichtlichen Lehrsammlung der Universität Freiburg
[1] Die Werkstatt stellt heute unter dem Namen
SOMSO anatomische Modelle her.
[2] Siehe dazu den Ausstellungskatalog: Ur- und Frühgeschichte Thüringens: Büttner, W./Dusek, S. (Hrsg.),Ur- und Frühgeschichte Thüringens : Ergebnisse archäologischer Forschung in Text und Bild (Stuttgart 1999).
[3] Krapf, M/Brabant, J./Kuhn, L., Die Lehrsammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg und ihre badischen Funde, in: Archäologische Nachrichten aus Baden, Heft 83, 2011, 51-58.
[4] Kohle, M./Kuhn, L./Zimmermann, A., Von der Axt zur Zwiebelknopffibel. Die Lehrsammlung der Abteilungen für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Freiburg, in: Archäologische Nachrichten aus Baden, Heft 95, 2019, 36-50.