Urgeschichtliche Archäologie
Gegenstand der Urgeschichtlichen Archäologie ist die schriftlose Vergangenheit des Menschen. Sie beginnt vor ca. 5 Millionen Jahren mit dem Tier-Mensch-Übergangsfeld und endet mit dem Erscheinen der ersten schriftführenden Hochkulturen, in Mitteleuropa mit den Römern. Die Urgeschichte (auch: Vorgeschichte, Prähistorie) ist damit der längste Abschnitt der Menschheitsgeschichte. Man unterscheidet eine ältere Urgeschichte von den Anfängen bis zum Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12000 Jahren und eine jüngere Urgeschichte, die die sesshaften Bauernkulturen der Jungsteinzeit, der Bronze- und der Eisenzeit umfasst. An der Universität Freiburg liegt der Schwerpunkt in Forschung und Lehre auf der jüngeren Urgeschichte Europas. Weil die Menschen der Urgeschichte nicht lesen und schreiben konnten, erschließt sich ihre Lebenswelt einzig und allein über die materiellen Spuren, die sie hinterlassen haben. Dazu gehören in erster Linie Gräber, Siedlungen und Versteckfunde (Schätze, Materiallager, Opfergaben usw.). Auf der Basis dieser Hinterlassenschaften, der archäologischen Funde, wird versucht, die Lebenswelt der urgeschichtlichen Menschen so vollständig wie möglich zu rekonstruieren. Urgeschichtliche Archäologie befasst sich mit den Gesellschaftsformen, den Siedlungsmustern, der Technik, dem Wirtschaften (Jagen, Sammeln, Ackerbau und Tierhaltung, Handwerk, Bergbau, Metallurgie) genauso wie mit religiösen Vorstellungswelten und bildkünstlerischen Ausdrucksformen oder der Auseinandersetzung des Menschen mit der natürlichen und der von ihm selbst veränderten Umwelt. Die Daten, also die archäologischen Funde und Befunde, werden durch Ausgrabungen gewonnen, durch gezielte Prospektion (Luftbilder, LIDAR-Scans, Geomagnetik, Feldbegehungen usw.) und hin und wieder auch durch zufällige Entdeckungen (wie im Fall des sogenannten Ötzi). Zum grundlegenden Handwerk der urgeschichtlichen Archäologie gehören die Bestimmung und Datierung der Funde, die Analyse von Grabinventaren, Siedlungshinterlassenschaften und Versteckfunden in ihrem Fundkontext sowie der Vergleich archäologischer Fundkomplexe in Zeit und Raum. Diese Verfahrensschritte bilden das Fundament für weiterführende Analysen und Deutungen zur Lebenswelt der urgeschichtlichen Menschen. Aufgrund der vielfältigen archäologischen Hinterlassenschaften und des umfassenden Erkenntnisanspruches arbeitet die Urgeschichtliche Archäologie mit einer Vielzahl von Wissenschaften eng zusammen. Unter den Naturwissenschaften sind dies die Physik (Datierungsmethoden, Materialbestimmungen), die Zoologie (Tierknochen, Insektenreste), die Botanik (Pollen, Makroreste, Dendrochronologie), die Bodenkunde, die Geologie, die Klimatologie und die biologische Anthropologie (Alters- und Geschlechtsbestimmung, Todesursachen, Krankheiten, Ernährung). Bei den Geisteswissenschaften bestehen enge Verflechtungen mit der Ethnologie, der Soziologie, der Geographie, der Geschichte und natürlich mit allen anderen Archäologien (besonders aber der Frühgeschichtlichen Archäologie). Die wichtigsten fachspezifischen Beschäftigungsfelder für Urgeschichtliche Archäologen sind die archäologische Denkmalpflege, archäologische Museen und schließlich Lehre und Forschung an den Universitäten. |